„Ich liebe meinen Job und kann mir keinen anderen vorstellen“, sagte Viviane Reize, Leiterin eines Mannheimer Pflegedienstes. Dr. Andre Baumann, der Landtagsabgeordnete der Grünen im Wahlkreis Schwetzingen, hatte sich mit der Plankstädter Gemeinderätin der Grünen Liste Plankstadt (GLP) getroffen, um sich über die momentane Situation in der Pflege zu unterhalten. Reize erzählte mit leuchtenden Augen von ihrem Beruf, berichtete über den Kontakt zu Zeitzeugen mit ihren eindrücklichen und spannenden Geschichten und Menschen, die sich trotz oder gerade wegen ihres hohen Alters die Freude und den Spaß am Leben nicht nehmen lassen.

Der ambulante Pflegedienst Reize arbeitet regional in drei Mannheimer Stadtteilen. Das bedeutet kurze Wege und damit wenige Kilometer, was dem Klimaschutz hilft und eine gute Kenntnis der Strukturen vor Ort mit sich bringt. Mit seinen Mitarbeitenden versorgt der Pflegedienst Reize täglich um die 65 Patientinnen und Patienten in vier Touren. Im Moment sind es insgesamt circa 80 Personen, die der ambulante Pflegedienst regelmäßig versorgt. Die ambulante Pflege sei kein Job nach Schema F, sondern sehr individuell, berichtete die gelernte Gesundheits- und Krankenpflegerin von den vielen verschiedenen Aufgaben: Kompressionsstrümpfe anziehen, Hilfe bei der Körperpflege, Gabe von Medikamenten bis hin zur Begleitung am Lebensende in Zusammenarbeit mit spezialisierten ambulanten Palliativversorgungsteams. 

„Ich bin froh, dass ich ein großartiges und zuverlässiges Team habe. Der Krankenstand ist niedrig und die Fluktuation gering“, so Reize. „Das ist auch toll für die Patientinnen und Patienten, die sich nicht immer auf andere Menschen einstellen müssen.“ Sie findet es darum auch richtig, dass der Einsatz von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern über Zeitarbeitsfirmen in der ambulanten Pflege verboten sei. „Wir sind Mitglied des Arbeitgeber- und BerufsVerband Privater Pflege e.V. und haben mit der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst einen prima Tarifvertrag verhandelt. Das war eine deutlich spürbare Verbesserung für unsere Mitarbeitenden!“ Rund 4.000 Euro Einstiegsgehalt verdient eine Pflegefachkraft nach diesem Tarifvertrag pro Monat. Dazu kommen noch eine betriebliche Pflegezusatzversicherung und diverse Zulagen.

Reize sieht die große Anzahl der Kranken- und Pflegekassen als Problem

Dennoch sieht Viviane Reize bei der Gewinnung von Nachwuchs Probleme. „Die generalistische Pflegeausbildung war grundsätzlich eine gute Idee, die Umsetzung allerdings scheint noch nicht ausgereift. Mein Eindruck ist, dass es insbesondere in den Bereichen der Altenpflege noch schwerer wird, Auszubildende an den Betrieb zu binden“, erklärte Reize.

„Was können wir tun, damit es in der Pflege besser wird?“, erkundigte sich Andre Baumann nach Reizes Wünschen an die Politik. „Erstmal muss ,Die Pflege‘ wieder viel attraktiver dargestellt werden – es ist ein so toller Beruf! Wenn allerdings nur Schwierigkeiten benannt werden, lockt das nicht unbedingt Nachwuchs an.“

Kritisch sieht Reize die große Anzahl der Kranken- und Pflegekassen mitsamt dazugehöriger Bürokratie: „Das ist ein riesiger Verwaltungsapparat, jede Kasse mit ihrem eigenen Vorstand. Manche Kassen verlangen quartalsweise Verordnungen. Das bedeutet zeitlichen und finanziellen Aufwand für Patient, Arzt, uns als ambulantem Pflegedienst und die Krankenkasse. Und wenn Hausärzte Behandlungspflege verordnen, heißt das nicht, dass es genauso genehmigt wird.“ Und auch bei der Beurteilung und Beaufsichtigung durch den Medizinischen Dienst der Kranken- und Pflegekassen sieht sie Verbesserungsbedarf: „Ich finde es gut, dass unsere hohen Standards kontrolliert werden. Der Medizinische Dienst kommt jedoch auch nach Jahren guter Bewertungen noch jedes Jahr – das ist zeitaufwendig und bindet Ressourcen. Ich würde mir dann zum Beispiel einen Zweijahresrhythmus wünschen und allgemein weniger Bürokratie, damit ich mehr Zeit für die Menschen habe, die auf meine und unsere Hilfe angewiesen sind.“

Andre Baumann hörte aufmerksam zu und fragte nach. Er erzählte von den eigenen Erfahrungen bei der Pflege von Angehörigen und seinen eigenen Vorkehrungen, die er fürs Alter getroffen hat. „Auch, wenn es noch weit weg erscheint: Es ist nie zu früh, sich aufs Alter vorzubereiten“, so Baumann. Zum Beispiel mit einer Vorsorgevollmacht und einer Patientenverfügung. Wie das funktioniert und was man sonst tun kann, egal ob man noch jung und fit ist oder wenn man bereits auf Pflege oder Unterstützung angewiesen ist, soll in einer Veranstaltungsreihe vertieft werden, die der Abgeordnete im Spätjahr beginnen möchte.

Text und Foto: Patrick Alberti

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