Flächenverbrauch soll Restriktionen unterworfen werden
Trotz Ferienzeit konnte Gemeinderat Ulf-Udo Hohl eine ansehnliche Besucherzahl im Nebenzimmer des Gasthauses “Engel” willkommen heißen. Besonders begrüßte er den Referenten des Abends Alfons Buchtela, Regionalgeschäftsführer des Bundes für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND) und den 1. Vorsitzenden der hiesigen SPD Klaus Ding.
Thema des Abends war “Flächenfraß und Bevölkerungsentwicklung in Plankstadt”. In seinen einleitenden Worten verwies Gemeinderat Hohl darauf, dass das Thema besonders für Plankstadt brandaktuell sei, da Bürgermeister Huckele und die Mehrheit des Gemeinderates nach eigenen Worten “die magische Grenze” von 10.000 Einwohners zu erreichen versuchen. Die Konsequenz sei die zunehmende Umlegung von Baugelände und der Verlust an freien Flächen und fortschreitende Bodenversiegelung. Trotz Vergrößerung der Siedlungsfläche in den letzten Jahrzehnten sei die Anzahl der Einwohner Plankstadts auf ca. 9250 gefallen.
Alfons Buchtela stellte seinem Referat die These voran, dass in Deutschland kein größerer Bedarf an Flächenverbrauch mehr bestehe. Täglich würden dennoch in Deutschland bis 120 Hektar für Verkehrs- und Siedlungsflächen verbraucht, in Baden-Württemberg seien es 12 Hektar täglich. Zwar gebe es Pläne den Flächenverbrauch bundesweit bis 2010 auf 30 Hektar täglich zu reduzieren, starke Lobby Gruppen würden sich jedoch in den Flächennutzungsplänen immer gegen Restriktionen durchsetzen. Er habe deshalb die Befürchtung, dass in der Fortschreibung des Flächennutzungsplans Heidelberg-Mannheim aus dem Jahr 1982 wie bisher “geaast” werde.
Bei rückläufiger Bevölkerungszahl stelle sich grundsätzlich die Frage: Bauen für wen? betonte Buchtela. Durch die Ost-West und Nord-Süd Wanderung sei lediglich im Speckgürtel der Ballungszentren eine geringfügige Zunahme der Bevölkerung zu erwarten. Aufgrund dieser Entwicklung rechne Buchtela auch mit einem Rückgang der Immobilienpreise im Rhein-Neckar-Kreis. Statistisch gesehen gehe die Bevölkerung bundesweit in den nächsten Jahrzehnten von 82,5 Millionen auf 67 Millionen zurück. Dies bedeute, dass eine Aufrechterhaltung der vorhandenen kommunalen Infrastruktur nur durch Zuwanderung möglich wäre. Das statistische Landesamt von Baden-Württemberg rechnete bisher mit einer jährlichen Nettozuwanderung von 50.000 Personen, ab 2003 aber nur noch mit 30.000. Dies bedeute auf die Fläche umgelegt weniger als 1000 Zuwanderer pro Kreisgebiet. Der Großteil dieser Menschen werde wie bisher schon aus den neuen Bundesländern erwartet, die sich zunehmend entvölkern. Besonders junge Menschen würden abwandern.
Der Regionalverband sei 1998 in seiner Prognose von 1,2 Millionen Einwohnern ausgegangen, eine aktuelle Prognose liege bei 1,17 Millionen. Buchtela erwartet deshalb einen großen Wettlauf der Gemeinden, um der Bevölkerungsabnahme zu begegnen. Er geht aber davon aus, dass trotz bereits erschlossener und neu bewilligter Baugebiete nicht alle Bauplätze belegt werden. Der Einsatz von Geld bringe immer weniger Nutzen für die Gemeinden. Sie blieben auf ihren Erschließungskosten sitzen, ein Wettrennen in den “tiefsten Bankrott” beginne.
Für Plankstadt prognostiziere das Statistische Landesamt Baden-Württemberg (LIS) in einer aktuellen Modellrechnung bis 2020 eine Bevölkerungsabnahme um 11%. Dennoch sind neben verbliebenen 12 Hektar im alten Flächennutzungsplan weitere 20 Hektar nördlich der Kantstraße zur Bebauung vorgesehen. Die geplante B 535 verschlingt auf Plankstädter Gemarkung weitere 22 Hektar. In dieser Situation empfiehlt Buchela den Kommunen Bedarfsanalysen zu erstellen und den vorhandenen Gebäudebestand und Baulücken für Wohnzwecke zu bevorzugen.
Alfons Buchtelas Resümee: Er wisse, dass er sich mit seiner dezidierten Position auf schwierigem Gelände bewege, da wirtschaftliche und finanzielle Spekulationen und Erwartungen von Gemeinden und Privaten betroffen seien. Dennoch seien die Zahlen der Statistik eindeutig. Seine Verantwortung sei es, auf die Konsequenzen des ungebremsten Flächenverbrauchs bei sinkenden Bevölkerungszahlen hinzuweisen.
Dem Referat schloß sich eine rege Debatte an, in der vor allem die Verlässlichkeit statistische Aussagen in Frage gestellt wurden. Letztlich gab es auch Beiträge, welche darauf hinwiesen, dass die Wohnfläche pro Einwohner kontinuierlich steige und deshalb ein höherer Raumbedarf notwendig werde. Gleichzeitig würde die Belegungsdichte der Wohnungen stetig abnehmen. Einig waren sich aber alle, dass eine einschneidende Begrenzung des Flächenverbrauchs zwingend notwendig ist.
ho
Plankstadt, den 8.06.2004