KEESGRIEB. Der neun Jahre alte Beschluss des Gemeinderats, einen Bebauungsplan für die “Keesgrieb” aufstellen zu lassen, ist noch nicht vom Tisch. Sollte die frühere PlaLi-ldee, in Zeiten hoher Immobiliennachfrage entstanden, Wirklichkeit werden, wäre eines der letzten Alt-Plankstädter Gelände für alle Zeiten verloren. Einem Baulandgewinn für wenige Nutznießer steht der Verlust eines Stücks origineller, naturbelassener Landschaft mitten in Plankstadt gegenüber. Wenn der Entwurf einer flächendeckend dichten Bebauung im neu zu wählenden Gemeinderat eine Mehrheit findet, tritt die Befürchtung des Plankstädter Ehrenbürgers Dr. Paul Bönner von 1908 doch noch ein: das endgültige Verschwinden der Keesgrieb, damals noch Abwasserteich und Badeplatz der Schuljugend. Um auf die Problematik der Bauabsichten in der sensiblen “Grünen Lunge” der Gemeinde hinzuweisen, hatte die Grüne Liste Plankstadt alle Interessenten zu einer Ortsbegehung eingeladen.
Gemeinderat Winfried Wolf begrüßte die zahlreich erschienenen Bürger und Anwohner und gab einen kleinen Einblick in die Plankstädter Frühgeschichte. Seit der wahrscheinlichen Gründung Plankstadts im frühen 5. Jahrhundert als fränkische Siedlung am Hochufer eines ehemaligen verlandeten Neckararmes (heute Ladenburger Straße), diente das Keesgriebgelände den alten Plänkschtern als Kiesgrube (daher der mundartliche Name), Abwassersammelstelle, Pferdeschwemme, Badetümpel, Schuttabladeplatz, Reitgelände und heute als Kleingartenanlage und grüne Lunge Plankstadts. Wobei die Menschen damals – im Gegensatz zu ihren heutigen Nachfahren – ganz bewusst die niederen Geländeabschnitte mit bis zu fünf Metern Höhenunterschied wegen Überschwemmungsgefahr mieden. Die Keesgrieb und später im Verbund mit ihr auch die Gänsweid waren natürliche “Regenrückhaltebecken”.
Im Verlauf der Begehung konnten sich die Exkursionsteilnehmer ein Bild vom heutigen Zustand des Geländes machen. Bewohner der Wilhelmstraße zeigten stolz ihre gepflegten, von der Gemeinde als Verlängerung des eigenen Areals angepachteten Gärten, alte Abwasserleitungen waren noch zu erkennen. In der mittleren Keesgrieb liegen einige Gärten brach, da sie von der Gemeinde bereits vorab gekündigt wurden. Pflanzen und Tiere konnten sich in dem teilweise verwilderten Gelände ungehindert ausbreiten. Igel, Molche, Erdkröten und Frösche haben neben einigen Vogelarten ideale Lebensbedingungen.
Gemeinderat Wolf zitierte an der tiefsten Stelle der Keesgrieb aus einem Protokoll des Jahres 1834 im Heimatbuch, das die Funktion des Geländes als Regenwassersammler veranschaulicht. So mussten unsere Vorfahren immer wieder angefallenen Schlamm ausgraben und auf die umliegenden Acker verteilen. Das Gefälle aus Richtung der Felder (heute Wilhelmstraße, Waldpfad) musste erhalten bleiben, damit nicht “bei starken Regenfällen das durchbrechende Wasser über die Felder laufe und die Gewächse ersäufe”. Zum Abschluss der Begehung trafen sich alle Teilnehmer unter den alten Kirschbäumen am Eingang der Keesgrieb, um Eindrücke auszutauschen und die Bebauungsabsichten zu besprechen. Wenig Verständnis hatten die Gartennutzer für die verfrühte Kündigung ihrer Parzellen seitens der Gemeinde. Auch der geplante Erdhügel stieß bei Bewohnern der Wilhelmstraße auf Vorbehalte. Denkbar und mit der Natur verträglich erscheint lediglich ein Fuß- und Radweg zur Hauptstraße und eine rückwärtige Bebauung der vorhandenen Straßenzüge. Die Diskussion mit allen Betroffenen muss allerdings noch geführt werden.
Winfried Wolf