Hauptversammlung der GLP beschäftigt sich mit Ausgleichsflächen

Im Mittelpunkt der Hauptversammlung der Grünen Liste Plankstadt (GLP) im Gasthaus Engel stand neben den notwendigen Regularien ein Vortrag über die Spezies Körnerbock, die im Gemeinderat für erregte Debattenbeiträge sorgte. Referent des Abends war Dr. Andre Baumann vom Naturschutzbund (NABU), der seinen Vortrag mit der Feststellung begann, dass mit der Baulandumlegung im Gebiet Bruchhäuserweg der schönste Ortsrand der Gemeinde Plankstadt und Lebensraum seltener Tiere und Pflanzen verschwinden werde. Inwieweit Ausgleichsflächen für Zauneidechsen, Steinkauz und Körnerbock den Verlust des bisher von ihnen besiedelten Geländes mindern können, müsse sich zeigen.

Dr. Baumann hatte ein sieben Zentimeter großes Präparat eines Körnerbocks zu Demonstrationszwecken mitgebracht (siehe Foto: Körnerbock (links), Maikäfer (Mitte) und Heldbock (rechts)). 
Die sehr seltene und streng geschützte Käferart komme in Deutschland vor allem in der Kurpfalz vor. Die größte Population befinde sich in Schwetzingen in den Kastanien des Schlossplatzes und im Schlossgarten. Aber auch in Heidelberg siedle der Käfer, unter anderem auch im dortigen Zoo, wo Nachtführungen zu den nachtaktiven Körnerböcken durchgeführt werden. Die Plankstädter Population habe eine genetisch wertvolle Brückenfunktion zwischen diesen Hauptsiedlungsgebieten. Ein naher Verwandter ist der Heldbock alias Eichbock alias Deutscher Bock, der ebenfalls im Schlossgarten heimisch sei. Sein Siedlungsgebiet sei ein Flora Fauna Habitat (FHH) und nach europäischem Recht streng geschützt.
Der Körnerbock ist ein geflügelter Käfer. 
Das Weibchen legt nach der Paarung einzelne Eier in absterbendes Holz. Der Befall des Baumes durch den Käfer ist gleichsam ein Symptom seines Alters. Die fingerdicken Larven leben bis zu vier Jahren im Holz und ernähren sich von dem durch Pilze zerstörten und absterbenden Holz. Gesunde Exemplare verschmäht der Käfer. 
In einem Versuch hat Dr. Baumann Körnerböcke im Schlossgarten markiert, um ihr Siedlungsverhalten zu verfolgen. Der Körnerbock bevorzuge ältere Kastanien oder Kirschbäume. Dr. Baumann: “An Birken, wie im Plankstädter Gemeinderat behauptet, geht er nicht, weil er sie nicht mag.” 
Die lichtliebenden Käfer schlüpfen vorwiegend im August. Nach einer vier bis sechs wöchigen Lebensdauer mit Paarung läuft dann die biologische Uhr ab. Dr. Baumann bedauerte, dass ein kleiner Siedlungsraum in einem Schonwald in Ketsch durch Baumfällarbeiten zerstört wurde. Als Konsequenz wurde vereinbart, dass Forstamt und Naturschutz ihre Maßnahmen abstimmen. Dr. Baumann sprach sich für eine wissenschaftliche Aufnahme des Plankstädter Bestands und gegen einen Transfer des hiesigen Körnerbocks nach Heidelberg aus.

Gemeinderat Ulf-Udo Hohl nahm die mit viel Beifall aufgenommenen Ausführungen von Dr. Baumann zum Anlass, auf die Vorgänge bei der letzten Gemeinderatssitzung im April einzugehen, und eröffnete seinen Redebeitrag mit der Feststellung: “Die CDU würde am liebsten mit Blaulicht ins geplante Baugebiet ,Bruchhäuserweg’ fahren, um dem ,Baulandschädling’ Körnerbock den Garaus zu machen. Diese Grundstimmung reicht bis in die Fraktionen von PlaLi und SPD hinein. Es war erschreckend, welche Emotionen in der Sitzung hochkochten.” Hohl sprach von selbst ernannten Schädlingsbekämpfern, die ihren großen Auftritt hatten. Der Körnerbock, der angeblich ganze Kirschbaumalleen verschlinge, wurde als grausiges Ungeziefer zum virtuellen Abschuss freigegeben. Im Spannungsfeld zwischen den großen Erwartungen auf einen Geldregen durch lukratives Bauland und einer unbändigen Wut auf alles, was sich dem in den Weg stellt, könne relativ bequem Stimmungsmache ausgeübt werden.

Die CDU und ihre Anhänger in der Landwirtschaft wollten nicht wahrhaben, dass Grund und Boden auch auf der Plankstädter Gemarkung nicht vermehrbar seien. Während das Asphalt- und Beton-Monster B 535 75 Hektar Gelände unter sich begrabe und das gesamte Biotop Zeitzeloch mit seinem alten Baumbestand abgeholzt und zerstört wurde, veranstalte die CDU Plankstadt wegen 0,8 Hektar Ausgleichsfläche einen Sturm im Wasserglas, weil eine streng geschützte Art sich theoretisch an einem Kirschbaum vergreifen könnte. Für die hiesige CDU musste die B 535 großspurig sein, koste es an landwirtschaftlicher Fläche und Bäumen, was es wolle. Jetzt versuche die CDU wegen 0,8 Hektar Gemeindegelände, das als Ausgleichsfläche für Eingriffe in die Natur gesetzlich vorgeschrieben sei, an der Empörungsspirale zu drehen, um dem ungeliebten Naturschutz eines auszuwischen. Natur- und Klimaschutz seien im Munde dieser Politiker reine Lippenbekenntnisse, wenn es darum ginge, Vorteile jeglicher Art zu realisieren. Diejenigen, die einem potentiellen Baumopfer des Körnerbocks schon im Voraus bittere Tränen nachweinen, killen ansonsten jeden Baum, wenn er ihre wirtschaftlichen Interessen im Wege steht.

Gemeinderat Prof. Dr. Mende, SPD, habe in dieser Sitzung Öko-Pastillen in Form einer Umsiedlung des Körnerbocks auf sein ungeeignetes Privatgelände in Heidelberg verteilt. Zudem plane die Stadt Heidelberg in diesem Gebiet Nutzungsänderungen. Während sich Prof. Mende als Wohltäter der Grundstückseigentümer habe feiern lassen, würde der Körnerbock, der sich in Plankstadt offensichtlich wohlfühle, dort das Nachsehen haben. Die Versammlung sah in der Debatte um den Körnerbock eine Nagelprobe für den Artenschutz in Plankstadt und forderte die GLP-Gemeinderäte und den NABU auf, alles zu tun, um dessen angestammtes Siedlungsgebiet zu erhalten.

ho

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