“Wohlfühlraum oder Betonpiste?”

Die GLP setzt sich für die Erhaltung des Freizeitgeländes “Gänsweid” ein.

Die seltenen Wohlfühlräume, die den Menschen Kontaktmöglichkeiten eröffnen werden in Plankstadt zerstört. Ausgleichsflächen für diese Verluste sind nicht vorgesehen. Zum einen weil das Geld für ihre Demolierung verbraucht wird, zum anderen, weil bei den Zerstörern das Bewußtsein durchaus vorhanden ist, daß es keinen Ersatz geben kann.
Die Gänsweid soll unter einem Regenrückhaltebecken, das Zeitzeloch samt Spiel- und Bolzplatz unter dem vierspurigen Betontunnel der B 535 verschwinden.

Die GLP nahm den geplanten Bau des Regenrückhaltebeckens zum Anlaß, mit einer Veranstaltung über die Geschichte der Gänsweid sowie die Hintergründe und Konsequenzen dieser Maßnahme zu informieren. Die Veranstaltung stand unter dem Motto: “Ist die Gänsweid noch zu retten?”
GLP Vorstandsmitglied Bernd Schmid-Auffarth konnte im Gasthaus “Stern” zahlreiche Gäste begrüssen. Er machte dabei deutlich, daß die GLP den Bau des Regenrückhaltebeckens ablehne und die Angelegenheit deshalb zu einem Thema der Kommunalwahl 1999 machen werde. Schmid-Auffarth kündigte eine zweite Veranstaltung dazu an, bei der Alternativen zur Rettung der Gänsweid vorgestellt werden sollen.

Gänsweid im Wandel der Zeiten

GLP Gemeinderat Winfried Wolf zeichnete mit kenntnisreichen Ausführungen ein Bild der Entwicklung des Gänsweidgeländes von einem Kiesloch zum heutigen Freizeitgelände.
Die Kiesablagerungen eines alten Neckararms dienten als Rohstoff für den Wegebau und Hofeinfahrten oder später zum Fundamentbau der Plankstadter Häuser.
Nach der Ausbeutung der Grube fand das damals noch größere Areal Verwendung als Viehweide für Groß- und später Federvieh, vornehmlich Gänse. Die Tiere wurden von hauptamtlichen Hirten beaufsichtigt und trotteten über den “Viehweg”, die heutige Leopoldstraße morgens zur Gänsweid und abends wieder zurück, wobei die Gänse diese Strecke im Flug bewältigten.
1917 trat mit dem Bau eines Hebewerks ein Funktionswechsel des Geländes ein, der 1945 durch den Bau einer mechanisierten Kläranlage erweitert wurde. Trotz dieser baulichen Veränderungen blieb das Gelände dicht bewachsen und war ein beliebter Abenteuerspielplatz für Plankstädter Jugendliche.
Ab 1969 als Plankstadt dem Zweckverband Schwetzingen beitrat diente die Gänsweid vorübergehend als Abwasserspeicher. Diese Aufgabe fand 1978, als der Zweckverband Untere Leimbach gegründet wurde, der das Klärwerk in Ketsch betreibt, ihr Ende.
Pionier bei der beginnenden Nutzung der Gänsweid als Freizeitgelände war der damalige Arbeitersängerbund der 1977 das 1.Gänsweidfest in der Senke durchführte.
Auch die GLP hatte in den achtziger Jahren einige gelungene Benefizfeste im Gänsweid-Grund. Mitte der achtziger Jahre wurde mit erheblichem finanziellen Aufwand die Grillhütte im höher gelegenen Teil des Geländes errichtet.
Wolf faßte die Entwicklung zusammen: “Aus einem Erdloch hat sich so in der Kombination einer geschützten Grillhütte mit einem offenen Gelände einer der wenigen idyllischen Plätze auf unserer Gemarkung gebildet, das im Sommer den Kindern Möglichkeiten zum Herumtollen und im Winter zum Schlittenfahren gibt.”
Er verwies darauf, daß solche Landmarken emotionale Bindungen schaffen und wie herausragende Gebäude Identifikationen mit der Gemeinde herstellen würden.

Vom Freizeitgelände zum Betonbunker

Winfried Wolf erinnerte daran, daß die beabsichtigte Beschlagnahme der Gänsweid für ein Regenrückhaltebecken durch die “Jahrhundertregen” des Jahres 1995 seinen Anfang genommen habe. Damals sei es in Teilen der Gemeinde zu Kellerüberflutungen mit unerfreulichen Folgen gekommen, sodaß die Feuerwehr ausrücken mußte.
Auf Initiative des damaligen Fraktionsvorsitzenden der CDU wurde die Angelegenheit im Ausschuß für Technik und Umwelt zur Sprache gebracht und der Bau eines Regenrückhaltebeckens diskutiert. Die Alternative der GLP die Keller direkt zu sichern, eine Entsiegelung einzuleiten und eine dezentrale Regenwasserbewirtschaftung einzuführen wurde von den beauftragten GKW Ingenieuren zwar geprüft, aber im Ergebnis verworfen. Die Aussage des Ingenieurbüros, daß nur 10 Prozent der Abwässer dadurch verhindert werden könnten, versah Gemeinderat Wolf mit dem Etikett “Interessengeleitet”, denn die GKW Ingenieure seien keine neutralen Sachverständige, da sie ja den Bau des millionenschweren Regenrückhaltebeckens durchzuführen hätten.
Mit zwei Haushaltsanträgen habe die GLP versucht Überzeugungsarbeit für ihre Alternativen zu betreiben. Wolf: “Einige im Rat sind zwar erschrocken, nachdem sie sahen welch geringe Restfläche nach dem Bau des Regenrückhaltebeckens noch verbleibt”, die strukturkonservative Mehrheit im Gemeinderat habe sich jedoch gescheut Neuland in der Regenbewirtschaftung zu betreten. Der GLP sei es vor allem darum gegangen, gegen die Überschwemmungen individuell anzugehen, um nicht die Millionenkosten eines Rückhaltebeckens kollektiv auf die gesamte Bevölkerung umzulegen.
Im Frühjahr 1998 entschied der Gemeinderat das Regenrückhaltebecken zu bauen.
Zwei Standorte waren möglich, der Bolzplatz “Rote Erde” oder die Gänsweid.
Während die CDU für den Bolzplatz votierte entschied sich die SPD mehrheitlich für die Gänsweid, die GLP verteidigte ihre Alternativen. In Abwägung der finanziellen Unterschiede fand sich im zweiten Wahlgang eine Mehrheit für den Standort Gänsweid.
“Damit war trotz aller Beteuerungen die Zerstörung der Gänsweid beschlossen worden”, faßte Wolf den Ausgang der Abstimmung zusammen. Er warf der CDU vor, Nebelkerzen zu werfen, wenn sie nun behaupte die GLP hätte mit der Zustimmung zum Standort “Bolzplatz” die Gänsweid verschonen können. Wolf: “Der CDU war doch sonnenklar, daß die GLP niemals einem Regenrückhaltebecken zustimmen würde.”
Den Haushaltsantrag, den die CDU 1999 einbrachte, nach der Zerstörung der Gänsweid ein Fachbüro mit der Neugestaltung des Geländes zu beauftragen, bezeichnete Wolf als “Babylon Projekt”: “Erst die Gänsweid kaputtmachen und dann einen von der CDU begrünten überhöhten Lärmschutzwall zu errichten, um wieder das Rodeln zu ermöglichen, sei ein teurer Schildbürgerstreich, der die Kosten noch weiter in die Höhe treiben würde.”
Schon jetzt werde die Bürgerschaft mit erheblichen Kosten belastet. Nach ersten Berechnungen würden nach dem Bau des Regenrückhaltebeckens die jährlichen Abwasserkosten um 100,- bis 150,- DM steigen.
Dieses Schröpfen aller Bürger zugunsten einer geringen Anzahl überfluteter Keller sei nicht zu rechtfertigen, wenn man die Aussage der GKW Ingenieure bedenke, daß bei extremen Regenfällen wie in den vergangenen Jahren, eine Überschwemmung der Keller nicht zu verhindern sei.

NABU gegen Regenrückhaltebecken

Der Vertreter des Naturschutzbundes NABU Andre Baumann befand, daß die Gänsweid zwar kein Biotop im eigentlichen Sinne sei, aber eine wichtige Drehscheibenfunktion im örtlichen Grüngürtel und der Biotopvernetzung zu erfüllen habe.
Die Betonierung des Geländes, die Überdeckelung des Rückhaltebeckens sowie die nachträgliche Errichtung von Lärmschutzwällen würde zu einer ernsten Beeinträchtigung des dortigen Kleinklimas führen, da der Luftaustausch nicht mehr möglich sei.
Baumann bezeichnete die Gänsweid als “wertvolle Naturoase von Menschenhand”, die ein großes Potential für naturgerechte Maßnahmen in sich trage.
Auch wenn die Nutzung der Gänsweid für den Menschen Priorität habe, könne er sich doch einige ökologische Verbesserungen vorstellen. Dazu gehöre es Teile des Geländes als naturbelassene Wiesen auszuweisen und nicht so oft zu mähen.
Baumann sprach sich dafür aus, von einem Regenrückhaltebecken abzusehen und das Gelände bei extremen Regenfällen als Versickerungsfläche zu nutzen, was wegen des kiesigen Untergrundes gut möglich sei.

Die Zuhörer waren im wesentlichen mit den Ausführungen einverstanden, jedoch bestanden einige darauf die Freizeitnutzung der Gänsweid an die erste Stelle zu setzen und ökologische Belange als berechtigt, aber als nachrangig zu betrachten.
Dieser Auffassung wurde nicht wiedersprochen, sodaß die informationsreiche Veranstaltung in großer Harmonie zu Ende ging.

uhl

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