Grüne Liste und Nabu sehen den Planfeststellungsbeschluss verwirkt / Gutachten soll Klarheit über B535 bringen

Mehrere Jahrzehnte schwebt die B 535 über und in den Köpfen der Bevölkerung. Außer Planungen ist bisher noch nichts geschehen ­ zur Freude der Gegner des Straßenbaus. Doch plötzlich, kurz vor dem Fristablauf des Planfeststellungsbeschlusses, kam mächtig viel Bewegung auf. Politisch gewollt von den Bürgermeistern und Ratsgremien in Schwetzingen und Plankstadt, aber von einigen Gruppen und vielen Bürgern abgelehnt, scheiden sich am Status Quo gerade die Geister.

“Der Planfeststellungsbeschluss der B 535 ist nach Paragraf 17, Absatz 7 des Fernstraßengesetzes des Bundes am 21. Februar 2002 außer Kraft getreten”, stellte auf einer Pressekonferenz am Montag der Gemeinderat Ulf-Udo Hohl von der Grünen Liste (GLP) fest, zu der die GLP und der NABU Schwetzingen und Umgebung eingeladen hatten. Das hieße, dass die Frist ungenutzt verstrichen sei mit dem Bau des 17,5 Kilometer langen Verbindungsstück zwischen A6 und A5 zu beginnen.
Eine Verlängerung der Gültigkeit sei nicht vorgenommen worden. “Denn dies setzt eine Anhörung, eine Auslegung des Verlängerungsantrages und eine Zustellung des Verlängerungsbeschlusses voraus. Dies ist nicht geschehen”, unterstrich Hohl. Mehrfach sei in der Vergangenheit versucht worden den Baubeginn zu fingieren. So beispielsweise die Beseitigung des schienengleichen Bahnübergangs an der Friedrichsfelder Landstraße durch eine Bahnunterführung. “Eine Position, die vor allem vom Regierungspräsidium Karlsruhe und eine zeitlang auch von Schwetzingens Oberbürgermeister Kappenstein vertreten wurde”, so der Gemeinderat weiter. Doch auf Anfrage habe die GLP vom Bundesministerium für Verkehr (BMV) die Mitteilung erhalten, das diese Maßnahme zur Unterbrechung der Verjährung nicht geeignet sei.
Weitere, gerade jetzt stattfindende “fiktive und fingierte Versuche eines Baubeginns” werden seitens der Gegner der B 535 juristisch überprüft mit Hilfe des Verbandsjustiziars des NABU, Dr. Andreas Staudacher, und gegebenenfalls werden entsprechende Schritte unternommen.
Die politische Schiene werde ebenfalls weiterverfolgt, um die Entstehung der Straße zu verhindern. Kritik äußerte Hohl vor allem an der Vorgehensweise der SPD, dem hiesigen Bundestagsabgeordneten Lothar Binding sowie am Landesfinanzminister Gerhard Stratthaus. Entgegen ursprünglicher Vereinbarung seien nun doch Mittel für den Baubeginn im Ministerium freigestellt worden, daran habe Stratthaus wesentlichen Anteil. Dieser habe den Gebietsreferenten für Baden-Württemberg im BMV, Bernd von Gliscynski, angerufen und auf den drohenden Fristverfall hingewiesen und “zum schnellen Handeln aufgefordert”, erläuterte Hohl. Binding, so Hohl weiter, habe diesen Vorstoß flankiert und Türen im Ministerium eingerannt. Durch Umschichtungen im Etat des BMV werde nun versucht Mittel bereit zu stellen, um erste Bautätigkeiten zu initiieren.

Der Verkehrspolitische Sprecher der Grünen im Landtag, Boris Palmer, nahm ebenfalls an dieser Gesprächsrunde teil. Der Tübinger Abgeordnete fand, dass die B 535 “mehr als entbehrlich” sei. Der Flächenverbrauch im Land bewege sich auf Rekordniveau, die Wirkung der Straße zur Verkehrsentlastung sei “mehr als zweifelhaft.” Laut Untersuchung handle es sich in diesem Fall um Quell- und Zielverkehr, der durch den Ausbau des Öffentliche Personennahverkehrs (OPNV) wesentlich besser gelenkt werden könne.
Palmer erklärte, dass es durchaus einen Streit in der Berliner Koaliton über diese Frage gäbe, aber dass es auch klar sei, dass sie nicht über diese Straße zerbrechen werde. Das Problem für die Grünen sei, dass zwar eine Absprache über die Nicht-Umsetzung des Bauvorhabens in der Koalition getroffen worden sei. Aber für den jetzigen Gang der Dinge sei keine Zustimmung des Bundestags nötig. Und im BMV seien keine Grünen an wichtigen Positionen. 
“Der Koalitionspartner SPD spielt foul”, entrüstete sich Palmer, hier werde “das erste Beispiel eines virtuellen Baubeginns” gezeigt. Nach einer Vor-Ort-Begehung sei von keinem Beginn etwas zu sehen gewesen. Als sehr fragwürdig bezeichnete Palmer das Vorgehen des Regierungspräsidiums. Um den 10. Februar habe eine Baufirma den Auftrag für einen Brückenbau erhalten, genauere Fakten seien aber nicht zu erhalten gewesen, so Palmer. Am 19. Februar sei diese Firma aufgezogen, wurde aber bisher noch nirgends entdeckt. In einem vom 28. Januar datierten Brief des BMV wurde noch davon geredet, dass die Finanzierung “gesichert werde”, also noch nicht gesichert sei. Das bedeute, dass zwischen dem 28. Januar und dem 10. Februar also die Finanzierung gesichert worden, die Ausschreibung in einem EU-offenem Wettbewerbsverfahren erfolgt und der Vergabepflicht nachgekommen worden sei. Das sei so nicht vorstellbar, schloss der Parlamentarier. Entweder sei die Ausschreibung vor der Sicherung der Finanzierung erfolgt, wofür das Land haftbar gemacht werden könne. Oder die Ausschreibung sei nicht korrekt über die Bühne gelaufen. Alles in Allem sei ihm dies “sehr suspekt”, und im Landtag werde er in einer Anfrage vom Verkehrsminister Ulrich Müller eine genaue Aufklärung der Vorgänge verlangen.

Sigrid Schüller, Vorstandsmitglied der GLP, dankte abschließend namentlich Ulf-Udo Hohl und Andre Baumann vom NABU. Die beiden hätten seit Kursieren erster Gerüchte alles bewegt, was möglich gewesen sei, um den Baubeginn noch zu verhindern.

sdm

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