Zahlreiche Gäste konnte Gemeinderat Ulf-Udo Hohl namens der Grünen Liste Plankstadt (GLP) zur Veranstaltung: “Wasser als profitable Ware – Erst privatisieren, dann abkassieren?” im Gasthaus Engel begrüßen.

Zum großen Bedauern der Anwesenden mußte der geplante Beitrag zur Zukunft der kommunalen Wasserversorgung von Horst Ueltzhöffer, technischer Geschäftsführer der Schwetzinger Stadtwerke GmbH & Co.KG entfallen. Ueltzhöffer war kurzfristig erkrankt.

Um so erfreulicher war es, daß Nikolaus Geiler, Sprecher des AK Wasser im Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz e.V. (BBU) den Weg aus Freiburg nach Plankstadt gefunden hatte.

In seiner Einleitung nahm Gemeinderat Hohl den Welttag des Wassers am 22. März 2004 zum Anlaß, die Zuhörer in einem Streifzug durch die Kulturgeschichte des Wassers mitzunehmen. “Wasser ist ein vielseitiges Medium. Es ist Transportmittel in Industrie und Handel, ist Energiespender, dient der Hygiene und Entspannung der Menschen und ist vor allem eine lebensnotwendige natürliche Ressource für Mensch und Tier.” Mit diesen Worten faßte Hohl die vielfältigen Funktionen des Wassers in unserer Gesellschaft zusammen. 
Darüber hinaus besitze das Wasser aufgrund seiner natürlichen Qualitäten in Symbolik und Praxis der Religionen eine herausragende Bedeutung. Viele Mythen würden von einer Entstehung der Welt aus dem Urmeer berichten, das zur Urquelle des Lebens werde. Einerseits erscheine das Wasser als lebensspendende Macht, als Aufenthaltsort von Göttern und guten Geistern, andererseits als zerstörerische lebensbedrohliche Chaosmacht, welche die Welt mit Katastrophen heimsuchen könne. Schon bei den Völkern des Orients bedeutete die Verfügung über Wasser immer politisch-religiöse Macht und wirtschaftlichen Reichtum. Auch die römische Zivilisation beruhte wesentlich auf der Beherrschung des Wassers durch Aquädukte. Hohl erwähnte dazu den antiken Thriller von Robert Harris “Pompeji”, der sehr anschaulich die Arbeit eines Wassermeisters und dessen Kampf mit seinem Widersacher einem skrupellosen Wassermillionär beschreibe.

In Deutschland bildete sich in Folge der notwendigen Verbesserung der hygienischen und sanitären Standards bei wachsender Bevölkerung eine vorwiegend kommunale Wasserversorgung heraus. Nachdem in den letzten Jahren privates Kapital in die früheren staatlichen Bereiche Telefon, Strom- und Gasunternehmen eingedrungen sei, solle jetzt auch die Wasserversorgung zur Disposition stehen. Wasser, das “blaue Gold” wecke die Begehrlichkeiten großer internationaler Konzerne, welche die Wasservorräte kommerziell ausbeuten wollen. Damit würde sich eine grundlegende Veränderung des Wassermarkts mit weitreichenden Konsequenzen für Mensch und Umwelt andeuten. Über diese Konsequenzen, den profitablen Warencharakter des Wassers und die komplizierten Hintergründe, informierte Nikolaus Geiler sehr ausführlich in einem profunden Beitrag, gespickt mit Schaubildern.

Nikolaus Geiler

Nikolaus Geiler, Sprecher des AK Wasser im Bundesverband Bürgerinitiativen Umweltschutz e.V. (BBU), links Gemeinderat Ulf-Udo Hohl

Geiler gab zuerst einen Überblick über das Marktvolumen des Wassers: 20,5 Milliarden Euro in Deutschland und 60 Milliarden in der EU. Um den Zugang zu diesem Markt gab es nach Geiler “ein Hauen und Stechen” privater Konzerne. Begonnen habe die Diskussion um eine Privatisierung des Wassers in Deutschland mit einem Bericht der Weltbank 1995. Dieser Bericht stellte fest, daß die Wasserqualität in Deutschland zwar gut, der Wasserpreis für die Industrie aber zu hoch sei. Eine Bestandsaufnahme durch den Wirtschaftsminister Müller habe später ergeben, daß es in Deutschland ca. 6.500 Wasserversorgungsunternehmen und 10.000 Kläranlagen gebe. Die neoliberale Forderung gehe nun dahin, diese kleinparzellierte Struktur zu zerschlagen, so daß am Ende 3 bis 5 deutsche Global Players übrigblieben.

Ziel dieser Strategie war es, den französischen Wasserversorgungsunternehmen wie z.B. “Vivendi” Paroli bieten zu können. Dieser Zustand sollte erreicht werden, indem sich die Wasserwerke einen knallharten Wettbewerb um Großkunden liefern würden. Diese Zwangsausscheidung sei aber politisch nicht mehrheitsfähig gewesen, sondern scheiterte am heftigen Widerstand von Gewerkschaften, Umweltverbänden und der kommunalen Wasserwirtschaft. Die Konzerne hätten umgeschaltet und ihre Marketing Abteilungen würden den Verkauf von Wasser als Türöffner für Leistungsangebote bei Strom und Gas einsetzen. Das Wasser als besonderer Saft solle unter dem Motto “Alles in einer Hand” den Weg zum Kunden erleichtern. 

90 Prozent aller Wasserverkäufe würden in Europa, den USA und Kanada getätigt. Strategische Preise würden bezahlt, um wie bei der Teilprivatisierung der Berliner Wasserbetriebe eine Eintrittskarte zum osteuropäischen Markt in die Hand zu bekommen. Momentan würden die Konzerne Teilprivatisierungen bis 49,9% statt einer kompletten Übernahme bevorzugen. Letzteres finde allerdings in den neuen Bundesländern statt, wo die Finanzarmut der Kommunen besonders schlimm sei. “Agenten klopfen überall an, sicher auch schon in Heidelberg und Schwetzingen”, betonte Geiler. 

Bei diesen Privatisierungen ließen sich die meisten Kommunen über den Tisch ziehen. Herzenswunsch aller privaten Wasserversorger sei es, daß Wasser und Abwasser mit dem gleichen Mehrwertsteuersatz belastet würden. Die Abwasserentsorgung gelte bisher noch als hoheitliche Aufgabe und sei von der Mehrwertsteuer befreit, während die private Abwasserwirtschaft mit 16 % Mehrwertsteuer belastet würde. Nach Auffassung des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) wäre der gleiche Steuersatz der entscheidende Schlüssel zur Privatisierung. 

Gäste der VeranstaltungGeiler stellte fest, daß die rot-grüne Bundesregierung die Liberalisierungsdebatte in Gang gebracht habe, die dann vom Wettbewerbskommissar der EU dankbar aufgegriffen wurde. Die EU vertrete die Auffassung, daß Wasser eine Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse sei und deshalb dem Wettbewerb geöffnet werden müsse. Die Übernahme der Wasserwirtschaft durch Großkonzerne werde dort als Modernisierungsstrategie verkauft und habe auch Einzug ins Kleingedruckte der künftigen europäischen Verfassung gefunden. Eine öffentliche Debatte darüber habe nicht stattgefunden. Eine Bürgerbeteiligung über Qualität und Preis der Wasserversorgung wäre bei diesem Modell zukünftig nicht mehr möglich. 
Kapitalkräftige Fondsverwaltungen mit dem fernen Sitz in New York oder den Cayman Inseln, die nur nach Gewinnspannen orientiert seien, würden dann über die lokale Wasserversorgung entscheiden und das letzte Wort sprechen.

Um dem einen Riegel vorzuschieben empfahl Geiler kommunale Kooperationsmodelle, die die notwendigen Finanzmittel zur Verfügung stellen könnten, “um den Laden in Schuß zuhalten. “Kommunale Kooperation und demokratische Mitbestimmung der Gemeinderäte seien das Gegenmodell gegen den Ausverkauf an die Konzerne:“Wasser gehört ins Rathaus und nicht an die Börse.”

Gemeinderat Hohl wies am Ende der Veranstaltung darauf hin, daß der Wasserlieferungsvertrag mit Schwetzingen 2007 auslaufe. Der neue Gemeinderat müsse sich also umgehend unter Beteiligung der Bürger Gedanken über die künftige Wasserversorgung machen. Die sehr engagierte Diskussion zeigte, daß sich die meisten Anwesenden ein Kooperationsmodell mit Schwetzingen oder einer anderen kommunalen Wasserversorgung gut vorstellen könnten. 

ho

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